Telefonanlage für eine Praxis
Anforderungen
Die Anforderungen eines Kunden waren so einfach, dass hierfür eine klassische (lüfterlose) Telefonanlage zum Zuge kommen sollte:
- Zwei externe ISDN-S0 Amtsanschlüsse
- Ein in die Anlage integrierter Anrufbeantworter
- 10 Dect-Telefone mit mind. 6 gleichzeitigen Gesprächen
- Fax-Annahme mit E-Mail Weiterleitung
- Anschluss eines analogen Fax
- Option später auch IP-Telefone anschließen zu können
Da die Praxis mit 2 Amtsleitungen oft besetzt ist und die verschiedenen Mitarbeitern
ihre Gespräche gleichzeitig führen wollen, sind mind. 4 Amtsleitungen
erforderlich.
Der Empfang, bei dem alle Gespräche auflaufen, ist jedoch nur mit 1,5 Mitarbeitern besetzt, so dass oft Gespräche
auch während der Geschäftszeiten vom Anrufbeantworter entgegengenommen werden.
Damit dieser simultan von den verschiedenen Benutzern in Anspruch genommen werden kann,
sollte er in der Anlage integriert sein.
Nur wenige der Praxisräume haben eine Telefon-Verkabelung, so dass man sich
für eine einheitliche DECT-Lösung entschlossen hat.
Lediglich im Empfang sollte ein entsprechendes kabelgebundenes Systemtelefon stehen.
Damit innerhalb der Praxis auch später noch interne Telefonate möglich sind,
sollten 6 DECT-Gespräche gleichzeitig geführt werden können.
Die elektronische Fax-Annahme erscheint deshalb sinnvoll, damit vertrauliche Faxe
vertraulich bleiben und durch unterschiedliche Empfangs-Nummern gleich
die richtige Person erreichen.
Auch ist es dadurch leicht möglich, Faxe an Auswärtige
(Buchhaltung / Home-Office / Kooperationspartner) weiterzuleiten, diese nochmals
auszudrucken oder gleich zu löschen (Werbung).
Schließlich spart dieser Ansatz auch Energie, da das Fax-Gerät nur während
des Versendens angeschaltet sein muß.
Die Möglichkeit, IP-Telefone (und Server) anzubinden, sollte zu
den Anforderungen jeder neuen Telefonanlage gehören, um einen Investitionsschutz
für diese Technologie zu haben und auch um leicht externe Arbeitsplätze anbinden zu können.
Auswahl
Viele namenhafte Hersteller (unter Ihnen sind Firmen wie Auerswald, Agfeo und Elmeg) bieten Ihre Profi-Telefonanlagen noch immer ohne integrierten Anrufbeantworter an.
Unter den relativ wenigen, die es -- sei es auch mit nur begrenzten simultanen Zugriffen -- tun (wie Avaya, Panasonic, Siemens),
war letztlich die Möglichkeit der elektronischen Fax-Annahme das entscheidene
Argument für eine (zudem auch preislich attraktive) Opencom X320 von Aastra-DeTeWe.
Die Grundversion erfüllt bereits die meisten Anforderungen und wurde lediglich um ein FAX-Modul sowie um
2 Lizenzen für CTI und weitere Anrufbeantworter erweitert.
Vor allem wegen der vorhandene 2-Ader-Verkabelung wurden die 3 proprietären U0-Anschlüsse
für die Anbindung der Telefone (ein 6775 Systemtelefon am Empfang und eine (doppelte) Anbindung der DECT-Basisstation) verwendet.
Obwohl auch normale "GAP-kompatible" DECT-Geräte hätten verwendet werden können, fiel die Wahl bewußt auf
die zu anderen Anlagen inkompatiblen mobilen Systemtelefone 610d, in der Hoffnung, dass diese Geräte nicht so schnell entwendet werden.
Die Programmierung der Anlage erfolgt ausschließlich über ein Web-Interface.
Um jedoch einfache Funktionen wie die Weiterleitung der Nachrichten des Anrufbeantworters
auf eine E-Mail-Addresse zu realisieren, bedurfe es einer CTI50-Lizenz.
Die Anlage kann zwar mit SIP-Telefonen und -Servern kommunizieren, jedoch wird dazu
nachdrücklich ein weiteres DSP-Modul empfohlen. Damit wird die Anlage um passende Codecs und
Jitter-Buffer erweitert.
Zur Anbindung von externen Telefonen sollten jedoch auch dann die IP-Systemtelefon des
Herstellers verwendet werden, da SIP-Telefone nur in einfachster Weise unterstützt werden.
Die Anlage hat einen Administrator-Modus für den Errichter der Anlage.
Wenn dieses, wie in der Branche üblich, nicht dem Kunden mitgeteilt wird, ist dieser an den Errichter gebunden.
So könnte der Kunde anschließend bspw. daran gehindert werden, die Netzwerk-Adresse der Anlage ändern zu können.
Fazit
Die Anlage ist relativ einfach und schnell in Betrieb zu nehmen.
Das Neu-Starten dauert jedoch überraschend lange, so dass man denken könnte, die Anlage sei defekt.
Insbesondere das Systemtelefon 6775 erleichtert sehr das Bedienen des Anrufbeantworters,
braucht jedoch viele Schritte.
Viele Optionen, wie etwa die Weiterleitung der Nachrichten und Faxe per E-Mail,
sind jedoch im Vergleich zu den umfangreichen Möglichkeiten in Asterisk als eher
primitiv einzustufen.
Mit der Anlage ist man deutlich auf die vorgegebenen Möglichkeiten des Herstellers angewiesen.
So läßt sich bspw. zur Zeit weder eine vollständige Sicherung der Anlagenkonfiguration erstellen noch
ein Hot-Desking für mobile Systemtelefone
realisieren, da der Hersteller dies beispielsweise nur für schnurgebundene Geräte vorsieht.
Auch werden die Faxe in dem eher ungebräuchlichen .sff-Format bereitgestellt, welches ein Lesen auf Smartphones praktisch unmöglich macht.
Durch die Wahl der Systemtelefone ist jedoch eine vergleichsweise günstige
und Feature-reiche Hardware gegeben.
Auch kann diese durch die klassische 2-Draht-Technik ggf. leichter angebunden werden.
Für kleine Anlagen ohne besondere Anforderungen stellt die Anlage daher eine sehr gute Wahl dar.
Sie besitzt jedoch ihre Grenzen da, wo die Anforderungen komplexer werden, die
Anzahl der Telefone groß ist, eine größere Auswahl an Telefonen notwendig ist
oder man sich nicht in die Abhängigkeit eines einzigen Herstellers begeben möchte.